Nervenbedingte Ursachen für Erektionsstörungen
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Eine Erektion ist ein höchst komplexer Vorgang, der das möglichst reibungslose Zusammenspiel mehrerer Körperfunktionen erfordert. Neben der Psyche des Mannes sind das der Hormonhaushalt, die Gefäße, aber auch die neuronalen Zentren und Nerven. Für das Vorliegen einer erektilen Dysfunktion, umgangssprachlich auch Impotenz genannt, können daher durchaus nervenbedingte Schädigungen verantwortlich sein.
Was ist ein Neuron? Unter einem Neuron wird eine auf Erregungsübertragung und Erregungsleitung spezialisierte Zelle verstanden. In beliebiger Anzahl miteinander verbunden, bilden diese Nervenzellen das sogenannte neuronale Netz.
Ein geschädigtes Nervensystem kann die Übertragung der Nervenimpulse in den Penis stören. In diesen Fällen spricht der Mediziner von neuronalen Ursachen. Im folgenden erläutern wir die möglichen nervenbedingten Auslöser von Impotenz im Detail.
Das Gehirn als Signalgeber erotischer Reize
Immer dann, wenn es zu sexueller Erregung kommt spielt das Gehirn als Auslöser eine fundamental wichtige Rolle bei der Ausprägung körperlich sichtbarer Lustsignale. Sei es durch Berührung, einen als reizvoll empfunden Anblick oder durch einen erotischen Traum – das Gehirn setzt ein entsprechendes Signal.
Als einer der drei Komponenten des vegetativen Nervensystems übernimmt der Parasympathikus dann die Kontrolle. Er sorgt dafür, dass sich die Muskulatur in den Arterienwänden des Penis entspannt. Als Folge davon erweitern sich die Gefäße und der Blutfluss der Schwellkörper kann ungehindert fließen. So entsteht, kurz erklärt, eine Erektion.
Kommt es zu Störungen im Austausch der Signale zwischen Gehirn und Penis, dann kann eine Form der Impotenz die unerwünschte Folge sein. Neben dem Gehirn spielt aber auch das vegetative Nervensystem des Rückenmarks eine Rolle bei nervenbedingten Erektionsstörungen.
Impotenz als Folge von Störungen
Einige der sogenannten sexuellen Zentren befinden sich im Rückenmark. Genauer gesagt handelt es sich hier um die Region des Übergangs zwischen der Lendenwirbelsäule und der Brustwirbelsäule. Ein weiteres Zentrum für die Erektion des Mannes ist rund um das Kreuzbein lokalisiert.
Verletzungen oder Erkrankungen im Bereich des Rückenmarks können deshalb ebenso Ursachen für eine Erektile Dysfunktion sein. Das ist auch der Grund, warum neben der ersten Abklärung durch den Hausarzt nicht nur der Urologe, sondern auch der Neurologe ein passender Ansprechpartner bei Diagnosestellung und möglicher Therapie sein kann.
Selbst ein „harmloser“ eingeklemmter Nerv kann somit zu Erektionsstörungen und folglich einer erektilen Dysfunktion führen.
- Die möglichen Auslöser für eine Impotenz durch nervenbedingten Erkrankungen werden wir im folgenden genauer beschreiben.
Epilepsie & Erektionsstörungen
Diese, auch als Krampfleiden bekannte Erkrankung, zählt zu den Risikofaktoren für erektile Dysfunktionen. Beim Vorliegen einer Epilepsie wird der Hormonhaushalt des Mannes beeinflusst, auch und gerade in der anfallsfreien Zeit.
Ein weiterer Faktor, der sich auf die männliche Potenz negativ auswirken kann, ist die Gabe bestimmter Antiepileptika.
Gefäßschädigungen durch einen Schlaganfall
Der sogenannte ischämische Schlaganfall sorgt für eine Aussetzung der Blutversorgung im Gehirn. Ein Hirninfarkt oder eine Hirnblutung stören in diesem Fall wichtige Regionen im Gehirn, die als Reizauslöser für die Erektion des Mannes entscheidend sind.
Bei der Gabe von PDE-5-Hemmern ist hier besondere Sorgfalt nötig. Die potenzfördernden Mittel bergen ein erhöhtes Risiko für einen erneuten Hirnschlag. Das gilt besonders dann, wenn der Schlaganfall erst ein paar Monate zurückliegt.
Impotenz bei Tumorerkrankungen des ZNS
Je nach Lage und räumlicher Ausbreitung des Tumors können als Folge der Geschwulst im Gehirn auch die Symptome einer Erektilen Dysfunktion auftreten. Bei einem Tumor im Thalamus, im Hypothalamus oder im limbischen System (verantwortlich für das Entstehen von Triebverhalten) ist die Reizleitung über die Nervenbahnen möglicherweise gestört und wirkt sich dadurch auch negativ auf die Potenz aus.
Impotenz durch Schädigungen der Wirbelsäule
Auch bei Schädigungen der Wirbelsäule kann es zu unerwünschten körperlichen Folgen wie der Erektilen Dysfunktion kommen.
Ein typisches Beispiel für diese Gruppe ist der schmerzhafte Bandscheibenvorfall. Durch einen Bandscheibenvorfall können die in der Lendengegend befindlichen Nerven geschädigt werden. Erektionsstörungen sind in der Folge nicht auszuschließen.
Auch ein Wirbelsäulentrauma (WS-Trauma) oder insbesondere eine Querschnittslähmung führen häufig zu Impotenz. Die schmerzhaften Rückenprobleme sind in Kombination mit der Impotenz eine zusätzliche Belastung für die Psyche der betroffenen Männer.
Chronisch nervenschädigende Erkrankungen
Je nach Lage und Verlauf der Erkrankung zählen auch die sogenannten neurodegenerativen Erkrankungen zu den Auslösern für eine erektile Dysfunktion.
Morbus Parkinson
Durch das Ungleichgewicht des Dopaminhaushaltes kann es bei Betroffenen von Morbus Parkinson auch zu Symptomen der Impotenz kommen. Der neuronale Botenstoff Dopamin ist ein wichtiger Neurotransmitter (Überträgerstoff) des zentralen Nervensystems. Hier kann die Gabe von Dopamin haltigen Medikamenten auch evtl. auftretende sexuelle Probleme lindern.
MS - Multiple Sklerose
Auch hier kommt es bei ca. 70% der Erkrankten zu einem Auftreten von Symptomen der Erektilen Dysfunktion. Die Ursache für ED muss dabei aber nicht zwingend in der Zerstörung von Nerven liegen, oftmals spielen auch körperliche und psychische Einflüsse eine wichtige Rolle. Der Zusammenhang von Impotenz und möglichen psychischen Auslösern sollte hier ebenso in Betracht gezogen werden.
Morbus Alzheimer
Morbus Alzheimer zählt zur Gruppe der Demenzerkrankungen. Besonders bei Betroffenen im fortgeschrittenen Alter kann es auch hier zu Symptomen der Erektilen Dysfunktion kommen. Je nach Stadium der Demenzerkrankung ist der Leidensdruck der betroffenen Männer mal mehr, mal weniger ausgeprägt.
Neben den Ursachen durch Erkrankungen und Schädigungen des Gehirns und Rückenmarks, können auch die Beeinträchtigungen von Nerven unmittelbar am Penis eine Impotenz auslösen. Dazu zählen Alkoholmissbrauch, Diabetes, ein ausgeprägter Mangel an Vitamin B12 und Operationen und Strahlentherapie im Bereich des männlichen Beckens.
Therapiemöglichkeiten der Impotenz bei Nervenschädigungen
Für die Abklärung von Ursachen und Therapiemöglichkeiten sollten Betroffene immer auf ärztlichen Rat zurückgreifen. Als Anlaufstellen sind der Hausarzt, ein Urologe und ggfs. ein Neurologe die richtigen Ansprechpartner.
Denn die häufig verschriebenen, oralen PDE-5-Hemmer können nicht in allen Fällen eine ausreichende Wirkung zeigen. Dies ist insbesondere bei nervenbedingte Erektionsstörungen der Fall.
Im nicht erigierten Zustand des Penis sind die umgebenden Blutgefäße verengt, das vermindert den Zufluss von Blut in die Schwellkörper. Ist der Mann sexuell erregt, kommt es zur Ausschüttung eines Botenstoffes (cGMP – das zyklische Guanin-Monophosphat), welches die Gefäßmuskulatur entspannt und damit mehr Blut in die Schwellkörper fließen lässt. PDE-5-Hemmer blockieren das abbauende Enzym Phosphodiesterase-5 und sorgen dadurch für eine Konzentration des für die Erektion wichtigen Botenstoffes – der Penis wird steif und richtet sich auf.
Da der gesamte Ablauf einer Erektion maßgeblich der neuronalen Steuerung unterliegt, können orale Medikamente, die zur Therapie von Erektionsstörungen eingesetzt werden, bei nervenbedingten Störungen unter Umständen nicht ihre volle Wirksamkeit entfalten.
Die Stimulationsfähigkeit der Nerven kann durch Erkrankungen und Schädigungen so weit beeinträchtigt sein, dass die medikamentöse Blockierung von Phosphodiesterase-5 ebenfalls beeinträchtigt wird.
Wenn orale PDE-5-Hemmer aufgrund einer Nevernschädigung keine Wirkung zeigen können, kommt häufig eine Schwellkörper-Autoinjektionstherapie in Frage. Bei dieser intrakavernöse Injektionstherapie (kurz: SKAT) wird der Wirkstoff lokal in den Penisschwellkörper gespritzt.
Auch der Einsatz einer Vakuumpumpe oder im schlimmsten Fall einer operativen Implantation ist möglich.
Literatur:
- The treatment of erectile dysfunction in patients with neurogenic disease – ncbi.nlm.nih.gov
- Störungen der Sexualfunktionen und der Reproduktion Kevin T. McVary Sexuelle Dysfunktion Für die deutsche Ausgabe Dirk Fahlenkamp – eref.thieme.de
- Lexikon Der Neurowissenschaft : Analreflex – spektrum.de
- Störungen der Sexualfunktionen und der Reproduktion Kevin T. McVary Sexuelle Dysfunktion Für die deutsche Ausgabe Dirk Fahlenkamp – eref.thieme.de
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